Wachstum und Internationalisierung
Die Hamburg Commercial Bank konzentriert sich im Project-Finance-Geschäft auf die Finanzierung von Infrastruktur und Erneuerbare Energien. Mit einem Portfolio von 4,1 Mrd. Euro1 ist sie in diesen vielversprechenden Assetklassen gut aufgestellt und offen für Neugeschäft. Jens Thiele, Bereichsleiter Project Finance & Corporates, spricht über sein Geschäftsmodell und darüber, wo er in Zukunft Potenziale sieht.
27. Januar 2025 | Lesedauer 7 Minuten
Die Bank ist in den Segmenten Infrastruktur und Erneuerbare Energien stark positioniert. Was zeichnet sie hier aus?
Jens Thiele: Wir verfügen über jahrzehntelanges Know-how in den Segmenten Infrastructure & Energy und sind hier sehr gut vernetzt. Als Branchenpartner schauen wir uns nicht nur die klassischen langfristigen Finanzierungen an, sondern wir haben die Expertise, auch komplexere Situationen erfolgreich zu begleiten, wie etwa Bau- und Brückenfinanzierungen von Projekten oder Akquisitionsfinanzierungen. Zudem sind wir in der Lage, Produkte für die gesamte Wertschöpfungskette anzubieten, wie etwa Lösungen für den Zahlungsverkehr, Avale, Capex-Linien oder revolvierende Kreditlinien. Letztlich nehmen wir die Kredite auf die eigenen Bücher und platzieren nicht an Dritte aus, wodurch wir ein wesentlich höheres Commitment zu den Transaktionen unserer Kunden zeigen.
Wo liegt der Schwerpunkt der Abschlüsse in diesem Jahr? Können Sie einige Beispiele für erfolgreiche Deals nennen?
Jens Thiele: Unser Fokus liegt neben der klassischen auf der digitalen Infrastruktur sowie auf der Energie-Transformation. Unter anderem haben wir Finanzierungen für Datencenter und Glasfasernetze bereitgestellt. Im Bereich Datencenter verfügen wir über sehr viel Erfahrung und haben bereits 2014 die ersten Projekte in Amsterdam begleitet. Auch in diesem Jahr haben wir wieder Finanzierungen für mehrere Wind- und Solarparks gestellt, wie etwa die Baufinanzierung für Solarparks von ABO Energy in Deutschland. Wir haben zudem Waste-to-Energy-Projekte begleitet sowie den französischen Betreiber von Hochgeschwindigkeitszügen Proxima mit einer Finanzierung unterstützt. Aber auch in der klassischen Infrastrukturfinanzierung wie etwa für Flughäfen und Public Private Partnerships waren wir aktiv.
In welchen Ländern ist die Bank engagiert?
Jens Thiele: Wir konzentrieren uns auf Zentral- und Westeuropa inklusive Großbritannien und Skandinavien. Dazu haben wir auch Transaktionen in den USA abgeschlossen, wie etwa die Finanzierung von einem Datencenter oder einem LNG Terminal. In den USA wollen wir in Zukunft gern etwa 10 % unseres Geschäftes machen. Wir schauen immer, dass wir unser Portfolio diversifizieren. Das gilt für Assetklassen, Finanzierungsprodukte, Laufzeiten und Länder.
Wir setzen auf eine gute Diversifizierung. Das gilt für Assetklassen, Finanzierungsprodukte, Laufzeiten und Länder.
Welche Rolle spielen erneuerbare Energien im Portfolio?
Jens Thiele: Das Portfolio besteht heute noch zu 40 % aus erneuerbaren Energien, bei denen wir langfristig für die nächsten acht Jahre engagiert sind. Aufgrund der langen Laufzeiten und engen Margen konzentrieren wir uns hier auf Akquisitionsfinanzierungen wie für einen Windpark in England oder die angesprochene Baufinanzierung für die Solarparks von ABO Energy. Für Anfang 2025 haben wir auch einen Offshore Windpark in Deutschland in der Auszahlung.
Wo sehen Sie das größte Wachstumspotenzial?
Jens Thiele: Ich sehe weiterhin großes Potenzial in der Digitalisierung der Industrie und der Infrastruktur. Damit einhergehend steigt etwa der Bedarf nach Datencentern, Glasfasernetzen und Smart Metern. Aber auch im Bereich Energy Transition und im Waste Management, also der Sammlung und Aufbereitung von Abfallstoffen, um daraus Energie zu gewinnen, sehe ich weitere Wachstumschancen. Zudem beschäftigen wir uns mit Themen, die künftig wichtig werden könnten, wie etwa die Speicherung von Energie in großen Batterien. Auch die Produktion und Verteilung von Wasserstoff oder das EV Charging für Elektrofahrzeuge sehen wir uns an. Daraus können sich interessante Möglichkeiten ergeben. Darauf wollen wir gut vorbereitet sein, denn ich nehme grundsätzlich nur erprobte Technologien mit ins Portfolio auf.
Wie sehen die Perspektiven für das Jahr 2025 aus?
Jens Thiele: Das Jahr 2024 war für uns ein Rekordjahr mit etwa 1,2 Milliarden Euro Neugeschäft und einem kontinuierlichen Wachstum. Wir wollen auch 2025 auf diesem Niveau bleiben. 2024 war komplett ohne Kreditausfälle, was zeigt, dass wir sehr kontrolliert arbeiten. In einem wettbewerbsintensiven Markt wie Infrastruktur und Energie ist es wichtig, Risiken gut zu managen und dennoch Wachstum zu erzielen.
1 Stand: 30.06.2024